Tai-Chi – Mit dem Körper im gesunden Einklang
Tai-Chi Chuan, oder auch kurz Tai-Chi, ist eine der ältesten chinesischen Kampfkünste, die ihren Ursprung im chinesischen Kaiserreich findet. Da beim Tai Chi nicht der sportliche Wettkampf mit einem Gegner verfolgt wird, sondern es eher um eine Verfeinerung der Technik und geistige Konzentration geht, wird Tai-Chi nicht zu den Kampfsportarten gezählt, sondern zu den Kampfkünsten.
Findet man bei den Kampfsportarten meist ein wesentlich schnelleres Tempo vor, da es um den Sieg über den Gegner geht, so ist die Geschwindigkeit beim Tai-Chi wesentlich reduzierter und man kann sich somit intensiv auf jede Bewegung konzentrieren.
Tai-Chi gehört mit Millionen von Anhängern wohl zu den beliebtesten Kampfkünsten und ist in China ein Volkssport, der sogar an allen möglichen öffentlichen Plätzen praktiziert wird, in kleinen sowie in großen Gruppen, begleitet von Musik oder ohne.
So wie es Kampfsportarten mit und ohne Waffen gibt, so gibt es im Tai-Chi auch den Einsatz diverser Geräte, wie z.B. den Fächer oder Säbel. Die populärste Art und Weise Tai-Chi in den westlichen Ländern zu praktizieren, ist waffenlos und in Begleitung von traditioneller chinesischer Musik. Dabei wird Tai-Chi in seiner Form nicht willkürlich ausgeführt, sondern folgt einer festgelegten Choreografie, auf die die Musik vom ersten bis zum letzten Takt abgestimmt ist. Auch hier gibt es eine Auswahl verschiedener Choreografien, die erlernt werden können. Jede Choreografie besteht aus einer Abfolge von Formen, die, je nach Bewegungsablauf, einen speziellen Namen haben. So findet man Tiergestalten wie den weißen Kranich, der seine Flügel ausbreitet und andere chinesisch-poetische Tierfiguren und auch Formen die Titel wie „Wolken schieben“ oder „Peitsche“ haben. Meist ist der Titel der Bewegung angepasst. Je nach Anzahl der Formen spricht man z.B. von 24er Form, 37er Form oder sogar Choreografien, die aus mehr als 100 Formen bestehen. Da Tai-Chi auf eine lange Geschichte zurückblicken kann, verwundert es nicht, dass viele Einflüsse ihre Spuren in der Darbietung dieser Kampfkunst hinterlassen haben. So werden fünf verschiedene Stile des Tai-Chi unterschieden, die auf der Lehre der Meister, die die jeweilige Technik entwickelt haben, beruhen. Ursprünglich wurde ein solches Wissen nur unter Familienmitgliedern weitergereicht.
Man darf dabei aber nicht vergessen, dass, trotz der schönen und teilweise ausschmückenden Namen, Tai-Chi immer noch eine Kampfkunst ist. Folglich gibt es auch hier den Kampfaspekt, auch wenn der Fokus auf der geistigen Ebene liegt. Würde man die Bewegungen, die beim Tai-Chi gelehrt werden, schnell ausführen, dann würde man sofort Ähnlichkeiten mit anderen Bewegungen in verschiedenen Kampfsportarten erkennen. Man kann sich also Tai-Chi fast wie Kung-Fu in Slow Motion vorstellen.
Tai-Chi bringt ins Schwitzen, davon kann man fest ausgehen. Auch wenn das Auge des Betrachters dazu verleitet, aufgrund der geringen Geschwindigkeit, in der die Formen ausgeführt werden, Sie denken zu lassen, dass es hier kaum einer Anstrengung bedarf, so täuscht das gewaltig. Aufgrund der Langsamkeit werden die Muskeln länger gedehnt und Bewegungen, bei denen man die Beine stark strecken oder auch tief in die Knie gehen muss, sind teilweise sehr anstrengend, da man länger als gewohnt in diesen Positionen ausharrt. Um die einzelnen Formen zu perfektionieren und auch die Choreografie zu erlernen, bleibt nichts anderes übrig als stetes Wiederholen des bereits Erlernten. Da kommt man ins Schwitzen.
Beherrscht man bereits eine einfachere Choreografie, kann man übergehen zu längeren Choreografien, das heißt mehr Formen in einer Choreografie. Meist fängt man an, Tai-Chi ohne jegliche Waffen zu erlernen. Mit längeren Choreografien geht man schließlich zu Letzteren über. Oft finden sich, sei es mit Fächer, Kurzstock, Schwert oder Säbel, ähnliche oder gleiche Formen im Ablauf wieder. Diese sind jedoch so verändert, dass die Bewegungen nach wie vor fließend ausgeführt werden können. Anfänger starten wie bei den waffenlosen Choreografien mit einer geringeren Anzahl an Formen und steigern sich dann. Kernkomponenten, die erlangt werden sollen, sind dabei Natürlichkeit und Bewegung, Entspannung und Ruhe als auch Atmung und mentale Ausgeglichenheit. Man muss jedoch nicht alle Bewegungen allein ausführen. Es gibt auch Formen, die einen Partner erfordern und einen Bezug zu realen Kampfsituationen herstellen.
Aufgrund der teilweisen Belastung der Knie und Beine, sollte jeder Anfänger vor Beginn Absprache mit dem jeweiligen Tai-Chi Meister bzw. Lehrer halten und manche Formen ausgelassen werden. Eine dauerhafte Ausübung dieser Kampfkunst führt jedoch nachweislich zu einer verbesserten Haltung, einer allgemein gesteigerten Bewegungsfreiheit und wird sogar Patienten, die unter ärztlicher Aufsicht stehen, als zusätzliche Therapie empfohlen. So manche schlechten Blutwerte haben sich schon durch eine unterstützende „Tai-Chi Kur“ verbessert. Der Gedanke dabei ist, das wie bei allen Qigong (Chigong) Formen, die oft zusätzlich zum Tai-Chi praktiziert werden, sich der Energiefluss im Körper, das Chi, bessert. Energiebarrieren sollen aufgehoben werden und den Körper wieder in Einklang bringen, mit und zwischen Himmel und Erde. Laut Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM) dient Tai-Chi mehr einer Vorbeugung von körperlichen Beschwerden und Krankheiten, als der Behandlung solcher.
Da in China Tai-Chi ein Volkssport, wenn nicht gar schon fast eine Religion ist, wie man bei der Eröffnungszeremonie der letzten Olympischen Spielen in Beijing eindrucksvoll sehen konnte, wundert es nicht, dass es dort auch nationale Meisterschaften im Tai-Chi gibt. Ziel ist es dabei, den Ablauf und Präsentation der erwähnten Schlüsselkomponenten so fließend wie möglich zu halten und gleichzeitig jede Bewegung mit höchster Präzision auszuführen. Dieses Ziel strebt man auch in westlichen Tai-Chi Kursen an. Der nachweislich positive Einfluß auf Körper und Geist führt nach wie vor zu einer weiter steigenden Popularität einer Kunst, die auf eine erfolgreiche Geschichte blicken kann.